Die unbekannte Dritte. Ein Provence-Krimi by Alexandra von Grote

Die unbekannte Dritte. Ein Provence-Krimi by Alexandra von Grote

Autor:Alexandra von Grote [Grote, Alexandra von]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: eBooks, Mord, Provence, Kriminalroman, Spannung, Verbrechen, Ermittler
ISBN: 978-3-95520-769-4
Herausgeber: dotbooks
veröffentlicht: 2014-11-19T23:00:00+00:00


Kapitel 13

Der erste Schlag trifft ihn voll ins Gesicht. Gilbert taumelt zurück, läßt sich auf einen Stuhl fallen und hält sich seine Wange, die wie Feuer brennt.

»Ich habe dich was gefragt!«

Madeleine Cosme tritt noch einen Schritt näher, und Gilbert blickt zu ihr hoch. Wie ein quadratischer Block steht sie vor ihm, in ihrer Kittelschürze, ohne Körperkonturen, eine feste Masse Fleisch mit nackten Beinen voller Krampfadern in heruntergetretenen Espadrilles, die einmal beige waren. Die Lippen zusammengepreßt, die grauen Augen starr auf ihn gerichtet. Ihre kalten Augen, vor denen es kein Entfliehen gibt. Sie beobachten ihn schon, seit er geboren wurde, dringen unerbittlich in seine Seele ein, entlarven seine Geheimnisse, die Geheimnisse eines kleinen Jungen, der lügt, weil er Schläge kriegt, und der Schläge kriegt, weil er lügt.

Gilbert sitzt auf dem Küchenstuhl und kreuzt die Arme schützend über seinem Kopf. Nur nicht hinsehen, die eigenen Augen fest schließen, um dem gnadenlosen Blick der Mutter zu entgehen.

Madeleines tiefe Stimme wird noch eine Spur lauter. Mit dem Zeigefinger tippt sie auf vier Fünfhundertfrancscheine, die auf dem Tisch liegen.

»Wo du das Geld her hast, will ich wissen!«

Er schweigt. Regungslos sitzt er da, den Oberkörper leicht vorgebeugt. Er weiß, was kommen wird. Es ist immer das gleiche Ritual. Seit Gilbert denken kann, ist es so. Und er ist unfähig, etwas dagegen zu tun.

Der zweite Schlag ist härter, mit der geballten Faust von oben auf den Kopf.

»Rede endlich!«

Gilbert stößt einen Laut aus, der tief aus der Seele kommt. Noch immer steht Madeleine vor ihm, übermächtig, unbezwingbar. Gilbert fühlt sich klein, schwach und willenlos. Er verabscheut sich.

»Was is'n nu schon wieder los?«

Gilberts Vater steht grinsend an der Küchentür. Mit einem schmuddelig weißen Taschentuch wischt er sich den Schweiß aus dem unrasierten Gesicht und dem Nacken, wo die Haare naß und fettig sind und dringend geschnitten werden müßten.

Mit wenigen Schritten ist Madeleine bei ihm.

»Ja, ja, ich geh ja schon«, nuschelt ihr Mann gerade noch, bevor Madeleine ihm die Tür vor der Nase zuschlägt.

»Also?« Madeleine wendet sich wieder an Gilbert. Dieser läßt jetzt langsam seine Arme vom Kopf gleiten und richtet sich etwas auf. Er fühlt sich wie ein Tier in der Falle.

»Ich hab's gefunden«, sagt er trotzig und weiß im selbem Moment schon, daß seine Mutter ihm ohnehin nicht glauben wird. Er versucht dennoch, ihrem Blick standzuhalten, sie dadurch zu täuschen, gibt aber nach wenigen Sekunden auf.

»So, gefunden?!« sagt Madeleine und verzieht höhnisch ihren Mund. »Und wo?«

»In einem Café in Nîmes. Ich war auf dem Klo, und da hat jemand sein Portemonnaie liegenlassen.«

Bevor er seinen Kopf erneut mit den Armen bedecken und schützen kann, spürt er vier weitere Schläge. Zwei am Ohr, die anderen am Hals und auf dem Kopf.

»Du hast es gestohlen!« Vier Faustschläge im Rhythmus der vier Worte, die Madeleine ihm ins Gesicht schreit. »Gib's endlich zu!«

»Ja, verdammt, na und?« Gilbert springt auf und weicht zurück bis zum Herd. Seine Stimme überschlägt sich hysterisch.

»Bist du nun zufrieden? Ich hab's geklaut, Scheiße, ja! Denn von euch ist ja nichts zu erwarten!«

Madeleine Cosme atmet tief durch. Sie geht um den Küchentisch herum, rückt sich einen Stuhl zurecht und nimmt schwerfällig Platz.



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